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“Solange ich lebe, wir die Liebe leben” von Dr. Gerti Senger #05

So ticken die echten Powerfrauen

Mir gefällt der Ausdruck „Powerfrauen“ für die Frauengeneration, die jetzt im Klimakterium oder danach ist. Diese Frauen wissen, was Nestbau, Kindererziehung, Familienmanagement, Krankenpflege, Beruf und jede Form von Stress bedeutet.

Sie kennen auch den Einfluss, den Hormone auf ein Frauenleben haben. Es gab die Pubertät, Schwangerschaft, Geburt, womöglich auch Fehlgeburten oder Abtreibungen, Stillperioden und eben die Menopause. Das Klimakterium trifft sie also nicht wie ein Keulenschlag.

Die reife Frau von heute ist so vital und leistungsfähig wie noch nie, aber aus meiner Praxis weiß ich, dass die natürlichen klimakterischen Veränderungen doch verunsichern. Wenn die neuen Erfahrungen – dazu gehören die Veränderung des Körperschemas, andere sexuelle Bedürfnisse, ein Beziehungswandel, die eigene oder die Pensionierung des Partners, der Weggang der Kinder aus dem Elternhaus und altersbedingte Operationen – allzu sehr verunsichern, wird der neue Lebensabschnitt manchmal abgelehnt.

Vorausgesetzt, dass bestehende „Sicherheitsinseln“ vergrößert werden, fällt der Wechsel in einen neuen Lebensabschnitt leichter. Sicherheitsinseln sind z.B. gemeinsame Aktivitäten mit dem Partner, der Familie und Freunden. Vor allem Kontakte mit anderen Frauen sind wichtig, um das Gefühl, nach wie vor „dazu zu gehören“ und nicht ausgegliedert zu sein, zu verhindern.

Gerade bei den „Power-Frauen“ macht sich oft ein verstärkter Wunsch nach Körperkontakt bemerkbar. Nicht deshalb, weil Sex jetzt besonders geil ist, sondern weil Sexualität eine effiziente Erfahrung leib-seelischer Akzeptanz ist. Wenn in einer Veränderungsphase der Körper zärtlich berührt und angeschaut wird, kann eine Selbstbild- oder Selbstwertkrise schneller überwunden oder überhaupt verhindert werden. Konkrete, positive Körpererfahrungen erleichtern die Akzeptanz eines veränderten Körperschemas. Lustvolle Körperübungen – Bäder, sinnliche Duschen, Streicheln – gehören ebenso dazu wie z.B. ein Tanzkurs mit dem Partner oder geleitetes Turnen (TV-Sendungen, Volkshochschul-Kurse).

Dieser bewusste Körperkontakt feiert als „Body mapping“ in der Sexualtherapie große Erfolge. Die praktischen Körpererfahrungen verhindern, dass sich unangemessene Phantasien über Funktionsverluste chronifizieren. Zusätzlich wird der Körper wieder mit sexueller Kraft und Vitalität positiv aufgeladen.

Mit jeder konstruktiven Auseinandersetzung mit „den besten Jahren“ schaffen Sie eine Wirklichkeit, auf die Sie positiv Einfluss nehmen können und der Sie nicht hilflos ausgeliefert sind. Nicht die reifen Jahre machen depressiv, sondern eine vermeintliche Hilflosigkeit. Lebensfreude ist kein Privileg der Jugend, sie ist der Lohn des Handelns.

Dr. Gerti Senger

Prof. Dr. Gerti Senger ist erfolgreiche Sexual- und Beziehungstherapeutin. Sie veröffentlicht regelmäßig Artikel in der Kronen Zeitung und dem ORF sowie wissenschaftliche Beiträge in verschiedenen in- und ausländischen Fachzeitschriften. Für FEMOPEAK® schreibt sie exklusive Kolumnen zum Thema Lust und Sexualität.